Sehen und Hören in Bayern (SUHB) Studie zur Identifizierung von Auffälligkeiten im Sehen und Hören sowie zur Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen von erwachsenen Menschen mit sogenannter geistiger und komplexer Behinderung in Bayern Barbara Heindl, Annette Leonhardt; Tabea Sadowski, Andrea Wanka; Stefanie Holzapfel, Marie-Luise Schütt & Sven Degenhardt Grundaufbau des Posters: Das Poster gliedert sich in zwei Inhaltsbereiche auf. Im oberen Bereich wird Struktur des Gesamtprojekts (SuHB: Sehen und Hören Bayern) illustriert (Inhaltsbereich I). Im unteren Bereich des Posters wird das Vorgehen in den Teilprojekten (Teilprojekt I: Prävalenzforschung; Teilprojekt II: Umfeld) skizziert. Das Literaturverzeichnis schließt das Poster ab. Inhalt des Posters: Inhaltsbereich 1: Struktur des Gesamtprojekts Um die Projektstruktur zu illustrieren, wurden Rechtecke in einem Schaubild zusammengeführt. - Zielgruppe: erwachsene Menschen mit geistiger bzw. komplexer Behinderung und Sinnesbeeinträchtigung(en) - Projektdauer: 01.09.2021 - 31.08.2024. Es folgen die Zielstellungen des Projekts sowie die beteiligten Akteur:innen. Die verantwortlichen Stellen sind mit den spezifischen Logos der Einrichtungen abgebildet. - Zielstellung I: Prävalenzerhebung zur Sinnesbeeinträchtigung bei Menschen mit geistiger bzw. komplexer Behinderung in besonderen Wohnformen in Bayern; Team: Prof. Dr. Andrea Wanka, PH Heidelberg; Tabea Sadowski, PH Heidelberg - Zielstellung II: Analyse der Rahmenbedingungen von Personen mit geistiger bzw. komplexer Behinderung in besonderen Wohnformen; Team: Prof. Dr. Annette Leonhardt, LMU München; Barbara Heindl, LMU München; Prof. Dr. Sven Degenhardt, UHH, Dr. Marie-Luise Schütt, UHH; Dr. Stefanie Holzapfel, UHH Die Gesamtkoordination wird von der Blindeninstitutsstiftung, Würzburg umgesetzt. Das Projekt wird aus Mitteln des Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege finanziert. Die Zielstellung des Gesamtprojekts: Optimierung der Versorgung von Menschen mit geistiger bzw. komplexer Behinderung und Sinnesbeeinträchtigung in Bayern. Inhaltsbereich 2: Vorgehen in den Teilprojekten Teilprojekt I: Prävalenz Theoretische Verortung: Es liegen nur wenige Daten zur Prävalenz einer Hör-, Seh- oder Hörsehbehinderung vor; insbesondere bei Menschen mit komplexer Behinderung Fellinger et al., 2009; Swenor et al., 2013). In bisherigen Studien wurden vorrangig standardisierte Testverfahren eingesetzt. Fragestellung: Wie hoch ist die Prävalenz einer Hör-, Seh- oder Hörsehbehinderung bei erwachsenen Menschen mit komplexer Behinderung in Unterfranken (Bayern)? Vorgehen (Prävalenzstudie): Um Aussagen zur Prävalenz vornehmen zu können, wird das Erhebungsinstrument IKI-TAU (Einschätzungsinstrument zur Identifizierung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Taubblindheit/Hörsehbehinderung) eingesetzt. Datenerhebung: - Vollerhebung am MZEB Würzburg (Medizinisches Behandlungszentrum für erwachsene Menschen mit komplexer Behinderung) (IKI-TAU: Teil 1 + 2 [modifiziert]) - Zufallsstichprobe an nicht-sinnesspezifischen Wohneinrichtungen in Unterfranken (IKI-TAU: Teil 1) Zusätzlich ist das Vorgehen bei der Datenerhebung in einem Schaubild zusammengefasst. Im ersten Teil erfolgt das Screening (Fragebogen zu beobachtbaren Verhaltensweisen im Alltag hinsichtlich der Bereiche Sehen, Hören, Taubblindheit/Hörsehbehinderung). Entsprechend können Auffälligkeiten im Bereich Hören oder Sehen, bzw. Auffälligkeit im Bereich Taubblindheit/Hörsehbehinderung, oder keine Auffälligkeiten resultieren. Im Fall von Auffälligkeiten im Sehen und/oder Hören folgt Teil 2 der Untersuchung, der sich entsprechend aus einem Assessment Hören (Darbietung in unterschiedlichen Lautstärken von Alltagsgeräuschen und bekannten Stimmen) und Assessment Sehen (Gesichtsfeld, Kontrastsehen, Visus bzw. Visusäquivalent) zusammensetzt. Getestet wird der jeweilige im Screening auffällige Bereich. Resultieren aus dem Fragebogen Auffälligkeiten im Bereich Taubblindheit/Hörsehbehinderung so wird sowohl das Assessment Hören als auch das Assessment Sehen durchgeführt. Zeigt das jeweilige Assessment ein auffälliges Ergebnis, so folgt eine Hör-, Seh-oder Hörsehspezifische Beratung. Wenn die Untersuchungen unauffällig sind, folgen keine weiteren Schritte. Geplante Ergebnisse: - Repräsentative Daten zur Prävalenz von Beeinträchtigungen der visuellen und/oder auditiven Wahrnehmung bei erwachsenen Menschen mit komplexer Behinderung in Bayern. - Beurteilung der Einsatzmöglichkeiten des Instruments IKI-TAU (ggf. Aussagen zu resultierenden Anpassungen für den Einsatz in der Praxis). Teilprojekt II: Umfeld Theoretische Verortung: Anknüpfend an den Behinderungsbegriff in der UN-BRK (ICF) unterstützt eine barrierefreie Umfeldgestaltung die selbständige Aktivität und Partizipation von Menschen mit komplexer Behinderung und zusätzlicher Sinnesbeeinträchtigung. In zurückliegenden Studien hat die Analyse der Umfeldbedingungen in besonderen Wohnformen nur eingeschränkt stattgefunden (Henriksen & Degenhardt, 2010). Fragestellung: Wie gestalten sich die Rahmenbedingungen (Ist-Zustand)? Wie können die Rahmenbedingungen in Bezug auf das Sehen und Hören optimiert werden (Soll-Zustand)? Vorgehen: Um die Fragestellungen zu beantworten, bedient sich das Teilprojekt verschiedener Ansätze (Sehen und Hören sollen gleichermaßen Berücksichtigung finden). Es folgt ein Schaubild zu den verwendeten Theorieansätzen. Die verschiedenen Theorieansätze sind in rechteckigen Feldern eingefasst (1. Umfeldgestaltung, z. B. Vorgaben zur Barrierefreiheit DIN-18040; 2. Universal Design: Maximierung der Barrierefreiheit, Minimierung von individuellen Maßnahmen; 3. Teilhabe und Partizipation: Beteiligung an Interaktionen, Entscheidungs- und Mitwirkungsprozesse). Mit Hilfe eines Pfeils werden diese Bausteine zusammengeführt (Mehrperspektivischer Ansatz – Universal Design: Lösungsansätze durch die Übertragung des Universal Design Konzepts auf den Bereich der Gestaltung von Wohnprozessen für Menschen mit geistiger bzw. komplexer Behinderung). Um gezielte Informationen zum Ist-Zustand zu ermitteln und mögliche Empfehlungen für den Soll-Zustand zu formulieren, kommt ein fünfschrittiges Vorgehen zum Einsatz. 1. Literaturrecherche 2. Beobachtungen 3. Analysebogen 4. Interview 5. Analyseinstrument als Handreichung Datenerhebung: Die Erhebung findet in 19 Wohneinrichtungen in Bayern statt (Auswahlkriterien für die Einrichtungen: Berücksichtigung unterschiedlicher Regierungsbezirke, Stadt/Land, Trägerschaft, Einrichtungsgröße und Bestandszeit der Einrichtung). Geplante Ergebnisse: - Aussagen zu den Umfeldbedingungen (in Bezug auf Hören/Sehen) in den Wohneinrichtungen (Ist-Zustand) - Praxisleitfaden für die Akteur:innen der Wohneinrichtungen (mit Empfehlungen für die stärkere Berücksichtigung von Sehen und Hören) Literaturverzeichnis: Degenhardt, S. (2020). Elementare Barrierefreiheit in Bildungsbauten: Ein Aufruf zum interdisziplinären Diskurs im Rahmen der Entwicklung inklusiver Bildungssysteme. Books on Demand. Dietz, B. (2018). Demenzsensible Architektur: Planen und Gestalten für alle Sinne. Fraunhofer IRB Verlag. Fellinger, J.; Holzinger, D.; Dirmhirn, A.; van Dijk, J.; Goldberg, D. (2009). Failure to detect deaf-blindness in a population of people with intellectual disability. In: Journal of intellectual disability research: JIDR 53 (10), S. 874–881. DOI: 10.1111/j.1365-2788.2009.01205.x. Henriksen, A.; Degenhardt, S. (2010): Häufigkeit von Beeinträchtigungen des Sehvermögens bei Beschäftigten einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. In: Zeitschrift für Heilpädagogik 61 (5), S. 184–190. The Center of Universal Design, NC State University (Hrsg.) (1997). The principles of universal design. Zugriff am 13.07.2023, verfügbar unter https://projects.ncsu.edu/ncsu/design/cud/about_ud/udprinciplestext.htm Schütt, M.-L. & Holzapfel, S. (2022). Universal Design als tragfähiges Konzept für die Gestaltung von Rahmenbedingungen in besonderen Wohnformen für Menschen mit komplexer Behinderung: Das Kooperationsprojekt SuHB (Sehen und Hören in Bayern): Studie zur Identifizierung von Auffälligkeiten im Sehen und Hören sowie zur Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen von erwachsenen Menschen mit sogenannter geistiger und komplexer Behinderung in Bayern). blind-sehbehindert, 142(3), 191–202. Seifert, M. (Hrsg.) (2003). Eine Arbeitshilfe der Bundesvereinigung Lebenshilfe. Mehr Lebensqualität: Zielperspektiven für Menschen mit schwerer (geistiger) Behinderung in Wohneinrichtungen; mit Checklisten zur Evaluation der professionellen Arbeit (1. Aufl.). Lebenshilfe-Verl. Swenor, B. K.; Ramulu, P. Y.; Willis, J. R.; Friedman, D.; Lin, F. R. (2013): The prevalence of concurrent hearing and vision impairment in the United States. In: JAMA internal medicine 173 (4), S. 312–313. DOI: 10.1001/jamainternmed.2013.1880. Wanka, A.; Weber, I.; Marx, M. (2021): Entwicklung eines Einschätzungsinstruments zur Identifizierung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsene mit Taubblindheit/Hörsehbehinderung (IK_TAU) - Einsichten in den aktuellen Stand des Forschungsprojektes. In: Hörpäd (3), S. 134–143.